Das Haier-Modell: Wie dezentrale Organisationen die Agilität revolutionieren

Ein Leitfaden für HR und Führungskräfte

Hierarchie war gestern – Agilität durch Dezentralisierung

Traditionelle Organisationsstrukturen stossen in einer immer dynamischeren Welt an ihre Grenzen. Starre Hierarchien und zentrale Entscheidungswege verlangsamen die Innovationskraft und Anpassungsfähigkeit von Unternehmen. Das Haier-Modell, inspiriert von der chinesischen Unternehmensgruppe Haier, bietet eine zukunftsweisende Alternative: Eine dezentrale, agile Struktur, in der Mitarbeitende zu Unternehmern werden.

In diesem Artikel erkläre ich Dir, was das Haier-Modell ist, wie es funktioniert und warum es für moderne Organisationen besonders spannend ist.

Was ist das Haier-Modell?

Das Haier-Modell basiert auf der Idee der dezentralen Organisation und wird oft als Rendanheyi-Modell bezeichnet. Entwickelt wurde es von Zhang Ruimin, dem CEO der Haier-Gruppe. Im Kern steht die Auflösung klassischer Hierarchien und die Schaffung kleiner, eigenverantwortlicher Einheiten, sogenannter Micro-Enterprises (MEs).

Die zentralen Prinzipien des Haier-Modells:

  1. Micro-Enterprises (MEs): Kleine, autonome Teams agieren wie Start-ups innerhalb des Unternehmens.
  2. Kundenzentrierung: Jede Einheit orientiert sich strikt an den Bedürfnissen der Kunden.
  3. Mitarbeitende als Unternehmer: Mitarbeitende übernehmen Verantwortung wie Unternehmer – inklusive Risiko und Erfolg.
  4. Marktdynamik: Die internen Einheiten konkurrieren um Ressourcen und Innovationen – ähnlich wie externe Marktteilnehmer.

Das Haier-Modell

Wie funktioniert das Haier-Modell in der Praxis?

Das Unternehmen Haier hat seine zentralisierte Struktur aufgebrochen und das gesamte Unternehmen in mehr als 4000 Micro-Enterprises aufgeteilt. Jede dieser Einheiten:

  • Funktioniert autonom, mit eigenen Zielen und Budgets.
  • Besteht aus ca. 10–15 Mitarbeitenden.
  • Arbeitet kundenorientiert und wird direkt an den Ergebnissen gemessen.

Diese kleinen Einheiten können eigenständig Entscheidungen treffen, Innovationen vorantreiben und neue Geschäftsmodelle entwickeln.

Ein Beispiel aus der Haier-Praxis:
Ein Micro-Enterprise, das für Kühlgeräte zuständig war, stellte fest, dass Kunden nach individuell angepassten Kühlschränken fragten. Anstatt auf zentrale Freigaben zu warten, entwickelte das Team binnen Wochen eine massgeschneiderte Lösung und brachte sie erfolgreich auf den Markt.

Warum ist das Haier-Modell so revolutionär?

  • Agilität durch Autonomie: Kleine Einheiten sind schneller, flexibler und näher am Markt als grosse Abteilungen.
  • Innovation durch Wettbewerb: Micro-Enterprises „konkurrieren“ um interne Ressourcen und entwickeln dadurch bessere Ideen.
  • Mitarbeiterengagement: Mitarbeitende agieren wie Unternehmer und sind stärker motiviert, da sie direkten Einfluss auf Erfolg oder Misserfolg haben.
  • Kundenorientierung: Die Nähe zum Kunden und der Fokus auf echte Bedürfnisse sorgen für praxisnahe Innovationen.

Für wen ist das Haier-Modell geeignet?

Das Haier-Modell eignet sich besonders für Unternehmen, die:

  1. In dynamischen Märkten agieren und schneller auf Veränderungen reagieren müssen.
  2. Silostrukturen aufbrechen möchten, um Innovationskraft zu fördern.
  3. Mitarbeiterengagement steigern und Eigenverantwortung stärken wollen.
  4. Kunden stärker in den Fokus ihrer Arbeit stellen möchten.

👉 Besonders Führungskräfte und HR spielen eine Schlüsselrolle bei der Einführung. Sie müssen den Rahmen für Autonomie und Unternehmertum schaffen und klassische Hierarchien hinterfragen.

Herausforderungen bei der Einführung des Haier-Modells

So attraktiv das Modell auch ist, die Umstellung von einer klassischen Struktur auf eine dezentrale Organisation bringt Herausforderungen mit sich:

  1. Kulturwandel: Mitarbeitende müssen lernen, eigenständig zu denken und zu handeln.
  2. Verlust von Kontrolle: Führungskräfte müssen bereit sein, Kontrolle abzugeben und Vertrauen aufzubauen.
  3. Neue Anreizsysteme: Erfolg muss transparent gemessen und fair belohnt werden.

Tipp für HR und Führung: Startet mit kleinen Pilotprojekten. Bildet ein Micro-Enterprise, gebt ihm Autonomie und messt die Ergebnisse. Der Erfolg wird die Bereitschaft zur Veränderung steigern.

Das Haier-Modell als Zukunft der agilen Organisation

Das Haier-Modell zeigt, wie Unternehmen durch Dezentralisierung agiler, innovativer und kundenorientierter werden können. Es bietet eine Alternative zu klassischen Hierarchien und setzt auf Eigenverantwortung und Unternehmertum.

Für HR und Führungskräfte bedeutet dies, den kulturellen Wandel zu begleiten, Autonomie zu ermöglichen und eine neue Definition von Führung zu entwickeln: Weg von Kontrolle, hin zur Ermächtigung der Mitarbeitenden.

Dein Take-away: Das Haier-Modell ist mehr als ein Strukturansatz – es ist ein Paradigmenwechsel in der Art, wie wir Unternehmen führen und gestalten.

Aus- & Weiterbildungen rund um das Thema

CAS Agile Culture Creator

  • 9100 (ab CHF 167 mtl.)
  • 18 Live-Webinare (36 Lehrstunden)
  • 11 Präsenztage vor Ort
  • inkl. Businesslunch

Agile Kulturentwicklung

  • 600
  • 6 Live-Webinare (12 Lehrstunden)

Literatur

  • Ruimin, Z. (2016). The Haier Model: Reinventing the Way Businesses Operate. Harvard Business Review.
  • Laloux, F. (2014). Reinventing Organizations: A Guide to Creating Organizations Inspired by the Next Stage of Human Consciousness. Nelson Parker.
  • Bildnachweis: Haier – Wikipedia

Autor

Der Fachschaftsrat des IFP Basel, 01.09.2024