Die Bedeutung von Emotionaler Intelligenz im Rahmen von New Work

Auch im Jahr 2024 stehen agile Organisationen vor Herausforderungen. Nach Jahren des Methodentrainings und der Implementierungen diverser „Frameworks“ kämpfen diese modernen und progressiven Unternehmen nach wie vor mit gescheiterten Projekten, verfehlten Kundenbedürfnissen und selbstverständlich auch mit sich selbst.

Nach eben diesen Jahren der agilen Transformation(en) erkennen diese Unternehmen und Organisationen, dass ein entscheidender Faktor im agilen Umfeld fehlt.  Und hier kommt die agile Kultur ins Spiel – eine gesamt organisatorische Werte-basierte Haltung, welche Flexibilität, schnelle Anpassungsfähigkeit und kontinuierliche Verbesserung in den Mittelpunkt stellt.

In der sich ständig wandelnden Landschaft agiler Organisationen, wo das Ringen um Innovation und Effizienz an der Tagesordnung steht, hat sich eine erstaunliche Wahrheit herauskristallisiert: Techniken und Frameworks allein reichen nicht aus. Das Herzstück jeder agilen Transformation ist vielmehr ein tiefes Verständnis für die menschliche Psyche und die Gruppendynamiken dieser Organisationen. Die psychologischen Phänomene und Wirkungen in agilen Umgebungen zu verstehen, bedeutet, die unsichtbaren Fäden zu erkennen, die Teamdynamiken, Motivation und das Lernen selbst weben. Gemeint sind damit sämtliche zwischenmenschlichen Prozesse, Wirkungen und Interaktionen, welche im stark kollaborativen Ansatz des “agilen Arbeitens”, der engen Kundenbeziehung und Neuordnung des Führungsgedanken entstehen, anfallen und wirken. Speziell die Rolle des agilen Coaches (Agile Coach) ist hier von zentraler Bedeutung. Er oder sie soll es koordinieren, trainieren, verwalten und richten.

Gruppendynamiken

Jedes Teammitglied bringt seine individuellen Erfahrungen, Werte und Persönlichkeitseigenschaften in das Kollektiv ein. Ein effektiver Agile Coach versteht es, diese Vielfalt zu einem harmonischen Ganzen zu vereinen, indem er oder sie die Stärken jedes Einzelnen nutzt und ein Umfeld des Vertrauens und der offenen Kommunikation fördert. Tönt nach generischen Phrasen? Stimmt. Und genau deshalb ist es entscheidend, dass Agile Coaches über sozial-, kommunikations- und persönlichkeitspsychologische Ursache-Wirkungszusammenhänge bescheid wissen. 

Ein Beispiel:
Ein Mitarbeiter, welcher – vor der agilen Transformation – 15 Jahre als Projektleiter und Linienvorgesetzter erfolgreich tätig war und sich mit seiner Rolle und seinem täglichen Wirkungskreis eine stabile Identität schaffen konnte, wird nun in das kalte Wasser der Hierarchielosigkeit, des Selbstmanagements und der steten Neufindung geworfen. Auf gut Deutsch: Die hart erarbeitete Struktur und Identität wurde resetet. Individualpsychologisch betrachtet eine handfeste Krise, sozialpsychologisch ein riesen Gefahrenpotenzial (immerhin geht es ja nun allen Mitarbeitern so) und in der Konsequenz ein ökonomisches Desaster – wenn man nicht weiss, wie man solche Situationen erfolgreich meistert.

Um als Agile Coach oder Agile Culture Creator mit diesen “unsichtbaren” Mechanismen umgehen zu können und dies in eine optimale Richtung zu lenken, bedarf es nun einmal mehr, als ein Crashkurs in der “Systemtheorie”.

Motivation & Werte

Die Psychologie lehrt uns, dass Menschen nicht nur durch äussere Anreize, sondern auch durch intrinsische Motivation angetrieben werden. Aus neurobiologischer Perspektive kann man sogar die Behauptung aufstellen, dass jegliche Motivation intrinsisch ist, ferner einen intrinsischen Ursprung hat. Dazu kommen die grundlegenden und individuellen Meta-Motivationen, welche im Gesamtpaket das Verhalten eines Individuums, einer Gruppe, eines Teams und gar eines Unternehmens bestimmen.
Will man nun diverse Motivationen und Verhaltensweisen innerhalb einer Organisation bündeln und somit eine ziel- und ergebnisorientierte Kultur schaffen, braucht es nebst einem Verständnis über menschliche Motivationen, Kompetenzen und Know-how in deren Analyse, sowie in der operativen Werteentwicklung.
Für Agile Coaches und Agile Culture Creator ist es dabei unerlässlich, sich mit diesen psychologischen Themen intensiv auseinanderzusetzen. Dies gilt für die Theorie, jedoch erst recht für die Praxis der Werte- & Kulturentwicklung. 

Lernkulturen und Anpassungsfähigkeit

Die Entwicklung und Pflege einer Lernkultur innerhalb agiler Organisationen ist ein weiteres Kernstück in der Schaffung einer agilen Kultur. Eine solche Kultur fördert nicht nur die kontinuierliche persönliche und berufliche Weiterentwicklung jedes Einzelnen, sondern erlaubt es auch, als Organisation flexibler und reaktionsfähiger auf Veränderungen im Markt und in der Technologie zu reagieren. Agile Coaches spielen eine entscheidende Rolle bei der Gestaltung von Rahmenbedingungen, die Neugier, Experimentierfreudigkeit und das Einbringen neuer Ideen nicht nur erlauben, sondern aktiv fördern. Diese Aspekte sind eng verbunden mit Konzepten der Entwicklungspsychologie und der positiven Psychologie, welche die Bedeutung von Wachstumsmindset und Resilienz betonen.
Agile Coaches und Agile Culture Creator müssen hierbei nicht nur die Lernpsychologischen Grundprinzipien kennen, sondern vor allem die systematische Umsetzung konkreter Massnahmen verstehen und diese in der Umsetzung vorantreiben.

Kommunikation & Feedback

Effektive Kommunikation und konstruktives Feedback sind das Rückgrat agiler Prozesse. In der agilen Welt, in der schnelle Anpassungen und Iterationen zum Alltag gehören, ist die Fähigkeit, klar, offen und empathisch zu kommunizieren, unerlässlich. Agile Coaches müssen über tiefgehende Kenntnisse in der Kommunikationspsychologie verfügen, um Missverständnisse zu minimieren, Konflikte konstruktiv zu lösen und eine Atmosphäre des Vertrauens und der Sicherheit zu schaffen, in der jedes Teammitglied sich traut, Feedback zu geben und zu empfangen. Dies schliesst ein Verständnis dafür ein, wie Worte, Tonfall und Körpersprache die Botschaft beeinflussen können, sowie die Fähigkeit, Feedbackmethoden so zu gestalten, dass sie motivierend und entwicklungsfördernd wirken.

Als Agile Coach und Agile Culture Creator ist es daher stets empfehlenswert, die Teammitglieder und Mitarbeitenden in den Bereichen Kommunikation zu schulen und die aktive Gesprächsführung sowie das operative Konfliktmanagement regelmässig zu trainieren. Die Entwicklung einer agilen Kultur stellt sich als unverzichtbare Säule für den Erfolg agiler Organisationen heraus. Dieses dazugehörige Verständnis für die menschliche Natur, die Dynamiken innerhalb von Gruppen und die Motivationen, die unser Handeln antreiben, bildet die Grundlage für die Gestaltung von Arbeitsumgebungen, die nicht nur flexibel und anpassungsfähig sind, sondern auch die kontinuierliche persönliche und berufliche Entwicklung jedes Einzelnen fördern. 

Agile Coaches und Agile Culture Creators spielen dabei eine Schlüsselrolle, indem sie nicht nur als Vermittler agiler Methoden und Techniken agieren, sondern vielmehr als Gestalter einer Kultur, die auf Vertrauen, Offenheit und kontinuierlichem Lernen basiert. Ihre Aufgabe ist es, die unsichtbaren Fäden der Motivation und der zwischenmenschlichen Beziehungen zu erkennen und zu weben, die eine tiefe, wertebasierte Verbindung innerhalb der Organisation schaffen. 

Indem sie ein umfassendes Verständnis für die psychologischen Aspekte mit praktischen Strategien verbinden, ermöglichen sie es ihren Teams und der gesamten Organisation, sich über traditionelle Arbeitsweisen hinaus zu entwickeln und eine wirklich agile Kultur zu leben. So beweist sich erneut, dass das Herzstück jeder erfolgreichen agilen Transformation nicht in Prozessen oder Systemen liegt, sondern im tiefen Verständnis und in der geschickten Anwendung psychologischer Prinzipien, die die Grundlage für eine resiliente, adaptive und menschenzentrierte Arbeitskultur bilden.